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Pflegenotstand

Pflegenotstand im Arbeitgebermodell

Die häusliche Versorgung von Pflegebedürftigen steht in Deutschland vor immer größeren Herausforderungen. Besonders Angehörige sind stark belastet und oft allein gelassen. Der wachsende Pflegenotstand, der vor allem in ländlichen Regionen gravierend ist, macht die Versorgung zunehmend unsicher. Verschärft wird die Situation durch das neue Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG), das zusätzliche Hürden schafft, indem es unter anderem den Zugang zu qualifizierten Pflegekräften und ärztlichen Verordnungen einschränkt.

In unserer Gemeinschaft sind es vor allem die Angehörigen, die täglich unter dieser Belastung leiden. Sie tragen die Verantwortung, ihre Liebsten zu Hause zu pflegen, haben aber große Ängste. Die Furcht, dass ihre pflegebedürftigen Angehörigen in Pflegeeinrichtungen abgeschoben werden könnten, wächst. Diese Familien haben keine starke Lobby, keine Vertretung in der Öffentlichkeit und stehen oft rund um die Uhr im Einsatz – ohne eine Stimme, die sich für ihre Anliegen stark macht.

Diese Filmreihe beleuchtet genau diese Problematik. Wir wollen diesen Menschen Gehör verschaffen und auf die drängenden Herausforderungen in der häuslichen Pflege aufmerksam machen.

Ein Projekt wie dieses wäre ohne die großzügige Unterstützung der BARMER und die tatkräftige Mitwirkung des Filmteams Maritta Harff und Carsten Jost nicht möglich gewesen. Ihnen gebührt unser herzlicher Dank für ihren Einsatz und ihre Leidenschaft, mit der sie dieses Vorhaben begleitet haben.


Häusliche Pflege oder Heimeinweisung? Die Risiken des IPReG

In dem Film beschreibt Prof. Dr. Manfred Schlich seine emotionale Reise mit seiner Frau Renate, die nach einer schweren Erkrankung wieder ins Leben zurückgeholt wurde. Nach einem langen Krankenhausaufenthalt war Weihnachten 2011 ein bedeutender Moment, als Renate das erste Mal wieder lachte. Dies zeigte Manfred, dass sie geistig noch da war, obwohl sie durch ihre Blindheit und körperlichen Einschränkungen stark beeinträchtigt war. Für Manfred steht die Teilhabe Renates am Leben und ihre Einbindung in die Familie im Vordergrund. Dies ist seiner Meinung nach nur durch die häusliche Pflege möglich, wo ihre Restfähigkeiten bestmöglich gefördert werden können.

Manfred hebt hervor, dass die häusliche Pflege – unterstützt von Therapeuten und Pflegern – individuell auf Renates Bedürfnisse abgestimmt ist. Dies wäre in einem Pflegeheim nicht möglich. Die Pflege wird durch die Krankenkasse finanziert, doch viele der Hilfsmittel und Anpassungen sind privat organisiert. Manfred betont, dass Renate ihr Leben lang anderen geholfen hat, und nun sei es ihre Zeit, Unterstützung zu erhalten. Dabei geht es nicht um Luxus, sondern um die Aufrechterhaltung der Menschenwürde.

Manfred äußert große Sorgen in Bezug auf das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG). Laut dem Gesetz könnten Krankenkassen künftig entscheiden, ob die Pflege zu Hause den Qualitätsstandards genügt. Es besteht das Risiko, dass diese Einschätzung dazu führt, dass Betroffene wie Renate in stationäre Pflegeeinrichtungen verlegt werden, selbst wenn dies gegen den Willen der Familie geschieht. Manfred befürchtet, dass damit die individuelle, auf Renate zugeschnittene Pflege verloren geht. Er sieht die Gefahr, dass die Lebensqualität seiner Frau drastisch sinken könnte, da die enge familiäre Unterstützung, die soziale Einbindung und das Gefühl von Menschenwürde in einem Pflegeheim nicht in gleichem Maße gewährleistet werden können. Manfred ist überzeugt: „Die Häuslichkeit ist schon ein Goldstandard… Das schaffen Sie nicht, wenn Renate im Heim wäre“.

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Ergotherapeutin warnt: Heim kann Renate nicht helfen

Iris Leiß, Ergotherapeutin, beschreibt ihre tägliche Arbeit mit Renate, die nach einer schweren Erkrankung intensive Pflege benötigt. Ein wichtiger Teil ihrer Therapie ist es, Renates Gelenke mobil zu halten, um Kontrakturen – eine Versteifung der Gelenke aufgrund von mangelnder Bewegung – zu verhindern. Iris betont, wie wichtig es ist, alle Gelenke regelmäßig zu bewegen, da Renate aufgrund ihrer Einschränkungen keine aktiven Bewegungen durchführen kann. Besonders die Vermeidung eines sogenannten „Spitzfußes“ ist ein zentrales Ziel der Therapie. Dies wird durch gezielte Übungen und Hilfsmittel wie Splints erreicht, die helfen, Renates Arme und Beine in eine natürliche Position zu bringen. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um Renates körperlichen Zustand zu stabilisieren und ihre Lebensqualität zu erhalten​.

Iris hebt die Bedeutung der individuellen Betreuung hervor, die Renate zu Hause erhält. Die enge Zusammenarbeit mit den Pflegern und die familiäre Unterstützung sind für Renates Fortschritte und ihr Wohlbefinden unerlässlich. Iris warnt davor, dass Renate ohne diese intensive, maßgeschneiderte Pflege schnell in einen schlechteren Zustand verfallen könnte. In ihrer beruflichen Erfahrung hat sie immer wieder erlebt, wie Menschen in Pflegeheimen aufgrund von Personalmangel und standardisierten Abläufen oft nicht die notwendige Bewegungsförderung erhalten, was zu schwerwiegenden körperlichen Einschränkungen führt​.

Auch Iris Leiß äußert Bedenken hinsichtlich des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes (IPReG). Sie fürchtet, dass das Gesetz dazu führen könnte, dass Menschen wie Renate nicht mehr in der häuslichen Umgebung gepflegt werden dürfen, da die Krankenkassen die Qualität der häuslichen Pflege infrage stellen könnten. Ihrer Meinung nach sei die häusliche Pflege in Renates Fall jedoch die beste Lösung, da Renate dort nicht nur individuell versorgt wird, sondern auch durch das familiäre Umfeld emotional gestärkt wird.

Iris betont, dass die Qualität der Pflege nicht allein durch strukturelle Vorgaben, sondern durch die intensive persönliche Betreuung gesichert wird. Sollte das IPReG Renate zur Verlegung in ein Pflegeheim zwingen, würde sie dort niemals die gleiche individuelle und intensive Therapie erhalten. „Die Pflege in einem Heim kann einfach nicht das Gleiche leisten, was wir hier für Renate tun“, erklärt Iris. Für sie ist es unvorstellbar, dass Renate in einem Pflegeheim eine ähnliche Lebensqualität genießen könnte​​.

Iris Leiß unterstreicht die Notwendigkeit einer intensiven und individuell angepassten Therapie, um Renates körperlichen Zustand zu stabilisieren. Das IPReG stellt jedoch eine Bedrohung für diese Art der häuslichen Pflege dar, da es zu einer Verlagerung in stationäre Einrichtungen führen könnte, die für Renates komplexe Bedürfnisse nicht geeignet sind.

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Therapeutische Erfolge in Gefahr: IPReG bedroht häusliche Intensivversorgung

Svenja Martin, Physiotherapeutin, beschreibt ihre therapeutische Arbeit mit Renate, die nach einer schweren Erkrankung an spastischen Mustern leidet. Ein zentrales Ziel ihrer Therapie ist es, Renates Muskeltonus zu regulieren und die Beweglichkeit ihrer Gelenke zu erhalten. Ein Schlüsselbereich, auf den Svenja besonders eingeht, ist die Schulter, da Spastiken oft von hier ausgehen. Durch gezielte Bewegungen und Rotationen kann die Spastik gelöst und die Beweglichkeit wiederhergestellt werden. Svenja betont, dass regelmäßige Bewegungsübungen unerlässlich sind, um Kontrakturen zu verhindern – besonders in der Schulter, die durch ihre muskuläre Führung schnell versteifen kann, wenn sie nicht regelmäßig bewegt wird​.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist die Arbeit mit Renates Becken und Hüften, die ebenfalls stark von Spastiken betroffen sind. Wenn diese Bereiche nicht regelmäßig mobilisiert werden, könnten Renates Beine so steif werden, dass eine Pflege, wie z. B. das An- und Ausziehen, kaum noch möglich wäre. Svenja ist überzeugt, dass die individuelle und regelmäßige Therapie, die Renate zu Hause erhält, maßgeblich zu ihrer Stabilität und Lebensqualität beiträgt​.

Svenja äußert tiefe Bedenken in Bezug auf das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG). Ihrer Meinung nach könnte das Gesetz dazu führen, dass Patienten wie Renate gegen ihren Willen in stationäre Pflegeeinrichtungen verlegt werden, weil die häusliche Versorgung von den Krankenkassen möglicherweise nicht als ausreichend qualitativ anerkannt wird. Svenja betont, dass eine stationäre Pflege niemals die gleiche individuelle Betreuung bieten könnte, wie sie Renate derzeit erhält. Besonders in Bezug auf die Therapie ist es essenziell, dass Renate regelmäßig und gezielt mobilisiert wird, um langfristige Schäden zu verhindern. Diese Art von intensiver, auf den Patienten zugeschnittener Pflege wäre in einem Heim schwer umsetzbar​​.

Für Svenja ist es entscheidend, dass Patienten wie Renate ganzheitlich und individuell behandelt werden, was im häuslichen Umfeld deutlich besser umsetzbar ist. Sie fürchtet, dass das IPReG dieses empfindliche Gleichgewicht gefährdet und damit langfristig die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränkt.

Svenja Martin sieht in der häuslichen Pflege die beste Möglichkeit, Renate eine individuelle und intensive Betreuung zu bieten. Das IPReG stellt eine Bedrohung dar, da es die Möglichkeit einer Verlagerung in stationäre Einrichtungen eröffnet, die den spezifischen Bedürfnissen neurologisch erkrankter Patienten nicht gerecht werden können.

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IPReG: Bedrohung für die häusliche Intensivpflege?

Agatha Hammer und Gioconda Kawinski, examinierte Krankenschwestern mit Zusatzqualifikation in der außerklinischen Intensivpflege, beschreiben die besonderen Anforderungen und Herausforderungen in der Pflege von Renate. Agatha und Gioconda betreuen Renate 12 Stunden pro Schicht, zumeist im Tagdienst. Renate hat ein speziell ausgestattetes Zimmer und wird in diesem von den Pflegekräften 1:1 versorgt. So wird eine umfassende Pflege gewährleistet und es werden Zustandsveränderungen sofort erfasst und entsprechend behandelt. Besonders wichtig ist die genaue Beobachtung von Renates Atmung und Bewegungen, da Renate selbst kein direktes Feedback geben kann. Laut Aussage von Agatha hat sie über die Zeit hinweg gelernt, auch ohne verbale Rückmeldung auf Renates Bedürfnisse einzugehen.

Ein zentrales Thema der Arbeit ist die intensive Betreuung bei Krampfanfällen und spastischen Episoden, die Renate regelmäßig hat. Diese Phasen erfordern besondere Geduld, da es teilweise bis zu einer Stunde dauert, bis Renate durch sanfte Bewegungen und Massagen wieder entspannt. Diese Zeit könne sich, so Gioconda, sie sich bei der häuslichen Pflege nehmen – eine Flexibilität, die in einem Heim unmöglich wäre​.

Gioconda äußert ernste Bedenken in Bezug auf das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG). Sie befürchtet, dass das Gesetz dazu führen könnte, dass Patienten wie Renate gegen ihren Willen in stationäre Einrichtungen eingewiesen werden, da die häusliche Pflege möglicherweise nicht als ausreichend qualitativ bewertet wird. Dies würde die enge und individuell angepasste Betreuung gefährden, die Renate durch sie und das Pflegeteam erhält. Gioconda betont, dass es in einem Heim nicht möglich wäre, sofort auf Renates Anfälle zu reagieren oder sich die notwendige Zeit für ihre Pflege zu nehmen. Zudem wäre Renate dort nicht von ihrer Familie umgeben, was einen negativen Einfluss auf ihre emotionale Stabilität haben könnte​.

Für beide Pflegekräfte steht außer Frage, dass die Pflege zu Hause für Renate die beste Lösung ist. Das IPReG bedroht diese Art der Versorgung, da es die Entscheidung über die Qualität der Pflege an externe Stellen wie die Krankenkassen überträgt. Diese könnten zu dem Schluss kommen, dass eine stationäre Einrichtung aufgrund ihrer Struktur als qualitativ hochwertiger gilt, ohne die individuellen Bedürfnisse der Patienten ausreichend zu berücksichtigen.

Agatha Hammer macht deutlich, dass die individuelle Pflege, die Renate in ihrem Zuhause erhält, durch das IPReG ernsthaft gefährdet ist. Sie befürchtet, dass die familiäre und enge Betreuung, die für Renates Wohlbefinden unverzichtbar ist, durch eine standardisierte Heimversorgung ersetzt werden könnte.

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