Nie wieder hirnverletzte Krieger – Ein Aufruf zur Vernunft

Was auch immer es braucht.

Bild: Wilhelm Böhm, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Worte von CDU-Chef Friedrich Merz hallen nach: „Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes [was auch immer es braucht].“ Ein Satz, der den Ton in der aktuellen deutschen Politik treffend beschreibt: Ein Ton, der von martialischer Entschlossenheit durchzogen ist, von der Bereitschaft, unbegrenzte Mittel in das Militär zu pumpen, koste es, was es wolle.

„Sondervermögen“ – ein Begriff, der in der politischen Kommunikation mittlerweile zum Synonym für Milliardenbeträge geworden ist, die außerhalb des regulären Haushalts zur Verfügung gestellt werden. Nach den 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr folgt nun das „nächste Sondervermögen“, diesmal für die Infrastruktur – satte 500 Milliarden Euro. Und diese Summe wird von allen Bereichen gepriesen, inklusive Bildung, Soziales und Gesundheit. Jeder dieser Bereiche erhofft sich ein großes Stück von diesem Kuchen. Doch keiner dieser Akteure – und noch weniger die politischen Verantwortlichen, die ohnehin keine Verantwortung übernehmen – stellt sich die entscheidende Frage: Wer soll das finanzieren? Und wie?

Es scheint bewusst auf „Sieg“ gesetzt zu werden, denn der Verlierer zahlt. So haben wir Deutschen es doch am eigenen Leib verspürt – Reparationszahlungen. Eine perfide Logik, die aus der Vergangenheit bekannt ist, aber in der Gegenwart eine bedrohliche Renaissance erfährt. Die andere Erkenntnis, die mir als Kind und Jugendlicher eingeimpft wurde – „So etwas darf es auf deutschem Boden nicht mehr geben“ – scheint einer politischen Demenz zum Opfer gefallen zu sein.

Eine Frage an Sie, Herr Fastkanzler Merz: Wie viele Milliarden haben Sie für den baldigen Ausbau der neurologischen Früh- und weiterführenden Rehabilitation eingeplant? Sie sind erstaunt über diese Frage? Als Antwort darauf sei auf einen historischen Aufruf verwiesen, den ich als Vorsitzender des SHV-FORUM GEHIRN e.V. in den kommenden Monaten nicht in modernem und gegendertem Deutsch verfassen möchte.

Friedensbemühungen wären menschlich – allerdings nicht so wirtschaftlich interessant und vielleicht auch ohne die begehrten eroberten Rohstoffe. Dafür aber ohne unzählige menschliche Verluste und ohne schmerzliches Leiden. Wir brauchen keine hirnverletzten Krieger. Wir haben heute schon viel zu wenig adäquate Versorgung für hirnverletzte Menschen.

Es ist an der Zeit, dem Ruf nach Aufrüstung etwas entgegenzusetzen. „Was auch immer es braucht“ – ja. Aber für den Frieden, für soziale Gerechtigkeit, für eine lebenswerte Zukunft. Nicht für den nächsten Krieg.

Karl-Eugen Siegel, Vorsitzender des SHV-FORUM GEHIRN e.V