Organspende per Zwang? – Schwartze drängt auf Widerspruchsregelung vor den Neuwahlen

Stefan Schwartze (SPD), der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, besuchte am 11.11.2024 in Beisein des Ärzteblatts den Virchow-Campus der Charité in Berlin, um mit schwerkranken Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane sowie mit kürzlich Transplantierten zu sprechen. Angesichts der langen Wartezeiten von durchschnittlich acht bis zehn Jahren in Deutschland fordert er eine Widerspruchsregelung, bei der alle Bürgerinnen und Bürger automatisch als Organspender gelten, sofern sie nicht widersprechen. Schwartze drängt darauf, diese Regelung noch vor den kommenden Neuwahlen im Bundestag zur Abstimmung zu bringen, um den Systemwechsel für das Warten so schnell wie möglich zu befürworten.

Bislang haben den Entwurf 220 Abgeordnete des Deutschen Bundestages unterschrieben“, berichtete Schwartze und betonte, wie wichtig es sei, dass sich die Parlamentarier in den verbleibenden Wochen vor den Neuwahlen nochmals intensiv mit dem Entwurf auseinandersetzen. „Wir sollten in dieser Legislatur noch darüber abstimmen“, erklärte er, denn andernfalls würde sich die Verabschiedung der Neuregelung um ein bis zwei Jahre verzögern.

Für Schwartze drängt die Zeit: „Jeden Tag sterben in Deutschland Bürgerinnen und Bürger, weil nicht rechtzeitig ein passendes Spenderorgan gefunden wird.“ Mit der Widerspruchslösung wolle er mehr Menschen die Chance auf ein neues Leben geben und versicherte, sich aktiv für diesen Systemwandel einzusetzen. Um die Freiwilligkeit der Organspende sicherzustellen, sieht der von ihm unterstützte Gesetzesentwurf umfassende Informationskampagnen vor, die auch auf Inklusivität setzen, etwa durch „leichte Sprache“ und Informationen in anderen Sprachen. Zudem sollen die Verfahren zur Registrierung eines Widerspruchs einfach und barrierefrei gestaltet werden. (Quelle: aerzteblatt.de Montag 11.11.2024)

Natürlich hat jeder Mensch das Recht zu leben! Aber tatsächlich auch auf Kosten eines anderen Menschen?“ stellt Karl-Eugen Siegel in den Raum. „Auch wenn man heute nicht mehr über die Definition des Hirntodes diskutieren darf, so ist der Hirntote ein Sterbender und bei weitem keine Leiche!“ weiter „Deshalb ist es absolut illegal, ohne ausdrückliche Zustimmung diesem Sterbenden seine Organe zu entnehmen. Es ist, auch wenn wir bis heute noch nicht wissen, was diese Explantation im jeweiligen Menschen bewirkt, eine mehr als großzügige Spende.“ In diesem Zusammenhang verweist Siegel immer wieder auf seine vor 30 Jahren gemachte Äußerung: „Ich weiß nicht, was ich meiner Frau in den drei Monaten ihres Hirntodzustandes zugemutet habe.“ (Quelle: K.E.Siegel/Wir durften nicht aufgeben) und ergänzt: „Bis heute kann mir dies kein Transplantationsmediziner, kein Theologe, kein Ethiker und vor allem kein Politiker beantworten. Und daher bin ich absolut gegen eine Widerspruchslösung, die einen massiven Zwang darstellt.“

Siegel beabsichtigt zu dieser Problematik einen eigenen Themenbolg: „Ethik in der Medizin, Rehabilitation und in der (Gesundheits-)Politik“ auf der Landesverbandsseite des SHV-FORUM GEHIRN e.V.Baden-Württemberg zu erstellen, der dann ggf. auch als Teil des 3. Deutschen Hirntages am 28.März 2025 in Stuttgart sein wird.