„Euthanasie ist die Lösung“ (?)

Eine Bedrohung für die Zukunft?

Am 27. Mai wurde ein Anschlag auf ein Behindertenwohnheim der Lebenshilfe in Mönchengladbach verübt. Ein Stein, beschriftet mit „Euthanasie ist die Lösung“, zerstörte eine Scheibe der Eingangstür.

»Dieser Vorfall stellt einen eindeutigen Aufruf dar, Menschen mit Behinderung zu ermorden und erinnert stark an die NS-T4-Aktion, bei der die Nazis behinderte Menschen systematisch vernichteten.«, so die oft geäußerte Meinung in der Presse.

Quelle: Fight Ableism / Foto: rollfenden Widerstand

Obwohl der Verdacht auf einen rechtsradikalen Hintergrund naheliegt, ermittelt die Staatsanwaltschaft noch und hat bisher keine Hinweise auf einen Tatverdächtigen. Auf Nachfrage im Polizeipräsidium Mönchengladbach am 20. Juni 2024 wurde bestätigt, dass es bis dato noch keinen Tatverdächtigen gibt, sodass alle Annahmen über eine politisch motivierte Tat reine Spekulation bleiben.

In Reaktion auf den Anschlag rief die Lebenshilfe eine Solidaritätsveranstaltung ins Leben und veröffentlichte eine Liste der Rednerinnen. Man freute sich über die Teilnahme offizieller Vertreterinnen von Lebenshilfe und Politik. Auf der Rednerliste befand sich jedoch nur der Bundesbeauftragte Jürgen Dusel als stark sehbehinderter Mensch. Dies führte zu Kritik, unter anderem von Mitgliedern des rollenden Widerstands. Ihr Standpunkt: „Nichts über uns, ohne uns!“

Inklusionsveranstaltung oder ?

Eine Person aus der Gruppe bat im Vorfeld darum, als behinderter Mensch eine Rede halten zu dürfen. Da der Anschlag ja offensichtlich den Behinderten selbst galt und nicht den Mitarbeitenden oder gar der Institution, wollte die Person die Botschaft direkt an die Behindertencommunity richten. Diese Bitte wurde von der Lebenshilfe abgelehnt.

Deshalb entschieden sich die Aktivisten, die Solidaritätsveranstaltung der Lebenshilfe am 6. Juni in Mönchengladbach solidarisch-kritisch zu besuchen. Sie wollten ihre Solidarität mit den Bewohner*innen, den direkt Betroffenen des Anschlags zeigen, gleichzeitig aber auch den Umgang des Heimbetreibers mit dem Vorfall kritisieren.

Denn in einem Interview forderte der Geschäftsführer des Heims, Özgür Kalkan, gegenüber der taz mehr Mittel für die Inklusion und setzte die Heimpolitik mit Inklusion gleich. Doch die Abschottung von Menschen mit Behinderung in Sonderschulen, Heimen oder Werkstätten stellt das Gegenteil von Inklusion dar und ist keinesfalls Teil der Lösung.

Die Aktivisten nahmen während der Veranstaltung in der Kirche kurz die Bühne ein, hielten ein Banner mit den Forderungen „Werkstätten abschaffen“, „Behinderten zuhören“ und „Mindestlohn für alle“ hoch und versuchten, eine Rede zu halten. Sie wurden jedoch schnell unterbrochen und zur Seite gedrängt.

Ich verabscheue jegliche Art von Gewalt, auch von der aktuellen Regierung

„Als Mensch verabscheue ich jegliche Art von Gewalt, unabhängig wer das Opfer ist! Als selbst Behinderter verstehe ich sehr gut die Angst, die ein solch potentieller Aufruf zum Angriff auf das eigene Leben auslöst! Doch als Bundesvorsitzender eines Betroffenenverbandes habe ich vor den aktuellen, lebensbedrohenden Angriffen des Gesetzgebers und dessen ausführenden Organe durch die Umsetzung des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) deutlich mehr Angst“, so Siegel, Vorsitzender des SHV-FORUM GEHIRN e.V. in einer emotionalen und aufgebrachten Stimmung, „Wer sich wegen der Aufschrift „Euthanasie ist die Lösung“ auf einem Stein politisch empört und stark macht, der muss sich noch viel stärker gegen das, so solidarisch und demokratisch eingeführte, aber lebensbedrohliche IPReG einsetzen. Um das Leben unserer schwerstbetroffenen Mitbürger zu retten muss das IPReG bis spätestens 30. Juni 2024 zurückgenommen werden. Ansonsten scheint der Steinwurf nicht die Zukunft, sondern die Gegenwart zu beschreiben“.

 

Quellen:
„Teilhabe statt Ausgrenzung. Keine Stimme für die AfD.“, so die Wahlwarnung der Bundesvereinigung Lebenshilfe zur Europawahl. LINK: https://kobinet-nachrichten.org/2024/05/26/lebenshilfe-keine-stimme-fuer-rechtsextreme-kraefte/
Wohnheim der Lebenshilfe in Mönchengladbach von Rechten angegriffen. LINK: https://not-online.de/wohnheim-der-lebenshilfe-in-moenchengladbach-von-rechten-angegriffen/
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