R. Sch., Krankenschwester, 38 Jahre
R. Sch., Krankenschwester, 38 Jahre alt, 18 Jahre Berufserfahrung in verschiedenen Bereichen der Pflege
Meine persönliche Meinungsäußerung zum neuen Gesetzesentwurf von Herrn Spahn
Es heißt, wir leben in einem demokratischen Land, und jedem steht das Recht zu, seine eigene Sicht auf die politische Entwicklung zu äußern. Aber als über viele Jahre im Beruf stehende Pflegekraft habe ich persönlich das Vertrauen in ihre demokratische Partei und vor allem an Sie, Herr Spahn, als Gesundheitsminister verloren. Mir kommt es eher langsam so vor, dass sich eine Diktatur entwickelt. Sie geben völlig falsche realitätsfremde Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung intensivpflegebedürftiger Patienten vor, ohne Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse dieser ohnehin schon leidenden Menschen. Mit Gesundheitsförderung und den nötigten Ressourcen, um die Lebensqualität zu unterstützen, hat es dabei nichts zu tun. Einzig und allein dreht es sich in Ihren Augen nur um Kostenersparnisse und Geldvorteile, und das wertvollste nämlich, das eigene Zuhause, was diesen kranken Menschen noch bleibt, sind Sie bereit wegzunehmen.
In der stationären Versorgung kommt eine einzige Pflegeperson auf 10 intensivpflichtige Patienten – haben Sie eine Vorstellung, wie diese kranken, hilflosen Menschen am Fließband abgefertigt werden müssen???, da der vorgegebene Zeitmangel der pflegenden Person im Nacken sitzt! Die Pflegekräfte arbeiten bis an ihre emotionalen und physischen Leistungsgrenzen, da der große Arbeitsaufwand kaum zu bewerkstelligen ist. Viele geraten in Burn-out, steigen aus dem Beruf aus, da schulische Theorie und Praxis weit auseinanderklaffen. Viele Arbeitsabläufe werden nicht erbracht: „Stichwort Hygiene“, Medikamente werden vertauscht, Patienten werden stundenlang in ihren Fäkalien liegen gelassen, stundenlang nicht gelagert usw. Daraus resultieren die sogenannten „Missstände“, die aufgrund von fehlendem Personal entstehen. Von politischer Seite wächst der Druck auf die Pflegekräfte, Kosten zu sparen, dabei hat unser Land Geld genug, es wird einfach falsch verteilt. Meiner Ansicht nach, wirtschaften Sie das Gesundheitssystem runter, ohne Rücksicht auf betroffene Kranke und deren Angehörige, die ebenfalls ihren Alltag umstellen müssen. Als Minister geben Sie vor, keine finanziellen Mittel für Intensivpatienten zu haben, doch anderweitig gibt das Land unvorstellbare Mengen an Geld aus. Haben Sie schon mal persönlich am Krankenbett gestanden??, wo Sie das Gefühl hatten, dem Patienten mitteilen zu müsse, du kostest uns mit deiner Krankheit zuviel Geld? Niemand hat sich diesen leidenden Prozess selbst ausgesucht und Sie sollten immer im Hinterkopf haben, Sie selbst können in die gleiche Lage geraten, wo sie Hilfestellung von außen bei der Alltagsbewältigung und Erhaltung der verbliebenen Lebensqualität benötigen. Dann wird sich die Frage stellen: möchte ich zu Hause gepflegt werden oder gehe ich in ein Heim? Diese Freiheit hat auch jeder Wachkomapatient verdient, zu entscheiden, ob er daheim bleibt oder ins Heim geht; niemand geht dort freiwillig hin!
Mein persönlicher Vorschlag an Sie, eine Arbeitswoche als Undercover-Boss Im Krankenhaus oder Altersheim zu spielen, um die dort schon jahrelang vorhandenen medizinischen und pflegerischen Missstände aufgrund von fehlendem qualifiziertem Personal live mitzukriegen.
Ich bitte Sie, das neue Gesetz in Bezug auf die zwangsweise Heimunterbringung der Intensivpflegebedürftigen neu zu überarbeiten bzw. zu überdenken und diesen Menschen das Kostbarste und Wertvollste zu lassen, nämlich ihr behütetes Zuhause, wo sie liebevoll, sicher und entspannt intensivmedizinisch von Fachpersonal versorgt und von ihren Angehörigen umgeben sind.