N. Sch., examinierte Pflegekraft
N. Sch., examinierte Pflegekraft, mit Ausbildung seit 24 Jahren im Beruf in verschiedenen Bereichen.
Aus Erfahrung ( im Krankenhaus tätig, selbstständig beratend gearbeitet, nebenberuflich bei mehreren Intensivpflegediensten) kann ich sagen, das intensivpflichtige Patienten auch intensivpflichtige Pflege benötigen, sprich 1zu1 Betreuung. Dies ist bisher und auch künftig in Krankenhäusern, Wohngrupppen und Pflegeheimen noch nicht mal im Ansatz möglich (die Gründe und Zahlen: Personalmangel, Personaluntergrenzen Intensiv Tagschicht 2,5 Pat/Pflegekraft, Nachtschicht 3,5 Pat/Pflegekraft, Geldverteilung im System, DRGs und Ähnliches dürften Ihnen bekannt sein).
Im häuslichen Bereich ist dies in Zusammenhang mit einem funktionierenden Umfeld sehr wohl möglich. Natürlich bedarf es dafür einiger Vorraussetzungen. Dazu gehören professionelle Pflegedienste mit ausreichend Personal und Hilfsmittel.
Im stationären Bereich, Heimen und Wohngruppen wäre eine adäquate Versorgung derzeit auch nicht möglich. Fehlendes Personal und weitere Fluktuation in andere Bereiche erklärt dies von selbst, da die Pflegenden bei 1zu1 Betreuung im häuslichen Bereich oft nicht mehr woanders arbeiten möchten . Die Gründe erläutere ich noch.
Für mich ist diese Arbeit ein Nebenjob (Minijob), ein Zuverdienst, da sich eine Stelle über 50% für mich auf dem normalen Stellenmarkt aufgrund Lohnsteuerklasse und Schröpfung meiner Zuschläge ( warum benötigt der Staat meinen Zuschlag fürs Einspringen zu 50%?) nicht lohnt und mir dann die Zeit mit meinen Kindern wichtiger ist.
Ich habe in der 1zu1 Versorgung Zeit mein Erlerntes umzusetzen und individuell und menschlich zu pflegen, ohne Zeitdruck und Stress. Prophylaxen und Therapien können ordentlich umgesetzt werden und somit dem Patienten Stress , Folgeerkrankungen und Krankenhausaufenthalte erspart werden. Somit ist es für mich trotz niedrigerem Verdienst eine Alternative, obwohl ich sonst für den Stundenlohn nicht arbeiten würde (Minijob Brutto für Netto und flexible Arbeitszeit)
Ich habe einige Kollegen/innen in diesem Bereich kennengelernt, die im normalen stationären Bereich nicht mehr arbeiten können oder möchten und deshalb dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stünden und dadurch teils staatlich unterstützt werden müssten. Sie möchten nur noch in der 1zu1Betreuung arbeiten. Die Gründe hierfür sind:
- Sie können und wollen sich den Bedingungen ( keine Zeit für Patienten, unwürdige Bedingungen, Stress, fehlende Wertschätzung, psychische Belastung, unmögliche Dienstzeiten , nicht mit Familie zu vereinbaren, ständiges Einspringen und Verfügbarkeit, Gefahr für eigene Gesundheit, gefährliche Pflege, niedriges Gehalt….) in der stationären und Heimpflege nicht mehr aussetzen, teils auch weil es gesundheitlich nicht möglich ist ( informieren Sie sich, wieviel Pflegepersonal frühzeitig Rückenprobleme, Hautprobleme, Burnout, Schlafstörungen und ähnliches durch die dortigen Bedingungen haben).
- Alter und gesundheitliche Einschränkungen
- Fehlende Hilfsmittel in den stationären Bereichen
- Für Mütter gute Alternative durch Flexibilität oder Nebenverdienst
- Flexible Arbeitszeiten
Die Kollegen arbeiten dort gerne, weil sie den Patienten als Individuum betrachten können, emphatisch und professionell Ihr Erlerntes umsetzen können, ohne sich dabei selbst kaputt
zu machen.
Natürlich ist es auch in diesem Bereich nötig schwarze Schafe herauszufiltern , dazu benötigt es aber geregelte Strukturen.
-Es sollte nur examiniertes Personal zugelassen sein und keine Schlupflöcher für Hilfskräfte geben.
-Auch hier haben die Angestellten ein Recht auf ein faires Gehalt und dementsprechende Wertschätzung
-wichtig ist hier vor allem ein funktionierendes Umfeld, das ermöglicht ordentlich und patientenorientiert zu arbeiten
Ich appelliere an Sie, die Möglichkeiten zu schaffen, für jeden Patienten eine faire, bezahlbare Lösung
zu finden, mit Blick auf den Einzelnen. Für viele ist das häusliche Umfeld am Besten, für andere ist dort vielleicht keine gute Umgebung gegeben. Aber auch dieser Patient sollte die Möglichkeit haben im Heim oder in einer Wohngruppe professionell und menschenwürdig versorgt zu werden. Dies ist aber leider in der heutigen Zeit ( satt und sauber) nur in wenigen Einrichtungen möglich.
Und so schließt sich der Kreis. Es benötigt ein schnelle Änderung im kompletten System.
Professionelle Erstversorgung im KH, die dort soweit fortgeführt wird, das ein Patient entlassen werden kann oder möglichst direkt in ein Frühreha mit ausreichend Personal und Kompetenz verlegt wird
Unterstützung und Entlastung für pflegende Angehörige
Professionelle Pflegedienste, die nicht nur profitorientiert denken und deshalb Personal zu Dumpingpreisen beschäftigt ( gleiches Gehalt bei allen Pflegediensten)oder durch Hintertüren Hilfspersonal beschäftigt, sowie Heime ( mit ärztlicher Versorgung)in denen nicht nur satt und sauber zählt und die Menschen nicht vor sich hin vegetieren.
Gerechte Finanzierung und Unterstützung in allen Bereichen
Ich sage Nein zu RISK und Ja zu menschenwürdiger Pflege mit Herz und Freude, dort wo es für jeden einzelnen am Besten ist!
Man muss bedenken , dass jedem jederzeit etwas zustoßen könnte, was ihn oder seine Liebsten abhängig macht und jeder sollte trotzdem nach seinen oder den Wünschen der Angehörigen versorgt werden können!
Freundliche Grüße
Eine 41jährige Krankenpflegekraft, die eigentlich Ihren Beruf liebt, aber in der heutigen Zeit schwarz für die Pflege und damit auch für Patienten sieht und Ihren Kindern unter den jetzigen Bedingungen nicht erlauben würde, diesen eigentlich tollen Beruf zu erlernen.