MDS: Patientensicherheit braucht mehr Transparenz über Fehler
Bei hunderttausenden Patientinnen und Patienten in Deutschland treten durch medizinische Behandlungen unerwünschte Ereignisse auf, die auf Fehler zurückzuführen sind. Das geht aus dem heute vom Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) und dem Verband der Ersatzkassen (vdek) vorgestellten „APS-Weißbuch Patientensicherheit“ hervor. Um Behandlungsfehler systematischer zu vermeiden, fordert der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) einen transparenteren Umgang mit Behandlungsfehlern und eine Meldepflicht in bestimmten Fällen.
Um Behandlungsfehler zu vermeiden, muss das vielzitierte „Lernen aus Fehlern“ erheblich intensiviert werden. „Jeder Fehler, aus dem heute nicht gelernt wird, kann sich morgen wiederholen und erneut Schaden verursachen“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS. Gronemeyer fordert mehr Transparenz über die Ursachen und Zusammenhänge, die zu einem Behandlungsfehler oder einem vermeidbaren unerwünschten Ereignis in der Versorgung von Patientinnen und Patienten geführt haben: „Es kann nicht sein, dass offensichtliche und gravierende Fehler bestenfalls entschädigt werden, dann aber im Aktenschrank verschwinden. Es muss sichergestellt sein, dass auch andere – zum Beispiel Krankenhäuser und Arztpraxen – von der Häufigkeit und den Umständen, die zu einem fehlerbedingten Schaden geführt haben, genauso selbstverständlich erfahren wie von dringend erforderlichen Präventionsmaßnahmen.“
Das Weißbuch des APS verdeutlicht die Dimension des Themas Patientensicherheit und den erheblichen Handlungsbedarf. Die Patientensicherheitsbewegung und das Engagement von zahlreichen Akteuren haben bereits viel zur Ent-Tabuisierung des Themas Behandlungsfehler beigetragen. Doch es sind nach wie vor Verbesserungen notwendig, um dem Umfang des Problems gerecht zu werden. Zentrale Forderungen des APS wie die Stärkung der Patientenperspektive, die Verpflichtung von Institutionen im Gesundheitswesen, Patientensicherheitsbeauftragte einzusetzen, und die Verbesserung der Transparenz sind mehr als gerechtfertigt.
Über 12.000 Fälle von vermuteten Behandlungsfehlern begutachten die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) jedes Jahr im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen. Dabei sehen sie immer wieder die gleichen Fehler – auch solche, die als sicher vermeidbar gelten und schwerwiegendste Folgen haben, zum Beispiel Medikamentenverwechslungen und Verwechslungen bei Operationen oder irrtümlich im Körper zurückgebliebenes chirurgisches Material.
Mehr Transparenz kann geschaffen werden, wenn bereits bestehende Fehlermeldesysteme für anonyme und freiwillige Meldungen in Arztpraxen und Krankenhäusern stärker als bisher genutzt werden. Die Gesamtheit der darin enthaltenen Informationen muss systematischer als bisher analysiert werden. Risiken und Präventionsmaßnahmen sollten anschließend deutlicher und verbindlicher kommuniziert werden an alle Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte und weitere Beschäftigte im Gesundheitswesen.
„Über die freiwilligen Fehlermeldesysteme hinaus brauchen wir eine Meldepflicht für diejenigen Ereignisse, die zu schweren Schäden beim Patienten geführt haben und die sicher zu vermeiden gewesen wären. Nur so können Risiken und Sicherheitsmängel erkannt und zukünftige Schadensfälle verhindert werden“, unterstreicht Gronemeyer. Behandlungsfehler sollten verpflichtend erfasst und für die Entwicklung von Schutzmaßnahmen genutzt werden. Dies geschieht seit Jahrzehnten bei Arbeitsunfällen in Deutschland. Seit 1996 hat sich die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle dabei mehr als halbiert.
Hintergrund
Die Ergebnisse der MDK-Behandlungsfehlerbegutachtung werden jedes Jahr in einer gemeinsamen Pressekonferenz des MDS und des MDK Bayern vorgestellt. Die jüngsten Ergebnisse für das Jahr 2017 am 5. Juni 2018. Spezielle Gutachterteams in den MDK prüfen Vorwürfe von Behandlungsfehlern im Auftrag der Krankenkassen, die zur Unterstützung der Versicherten gesetzlich verpflichtet sind. Die Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den der Patient erlitten hat, durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadensersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des MDK-Gutachtens kann der Patient entscheiden, welche weiteren Schritte er unternimmt. Gesetzlich Versicherten entstehen durch die Begutachtung keine zusätzlichen Kosten.
Quelle: MDS, Pressestelle
Internet: www.mds-ev.de