MDK-Behandlungsfehler-Begutachtung

13.519 Sachverständigengutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern haben die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) 2017 bundesweit erstellt. Die MDK-Fachärzte bestätigten jeden vierten Behandlungsfehlerverdacht (24,7 Prozent). In jedem fünften Fall (19,9 Prozent) stellten sie fest, dass die Schädigung des Patienten durch den Fehler verursacht wurde. Das geht aus der MDK-Begutachtungsstatistik hervor, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Die Medizinischen Dienste setzen sich für die Weiterentwicklung der Sicherheitskultur in der Medizin und eine systematische Fehlervermeidung ein.

Die MDK bestätigten im vergangenen Jahr 3.337 Fehler, bei denen Patientinnen und Patienten zu Schaden gekommen sind. „Unsere Bilanz fällt ernüchternd aus: Wir sehen immer wieder die gleichen Fehler und zwar auch solche, die nie passieren dürften, weil sie gut zu vermeiden wären – vom im Körper vergessenen Tupfer bis hin zu Verwechslungen von Patienten und falschen Eingriffen“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS. Nach wissenschaftlichen Schätzungen ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Trotz aller engagierten Bemühungen für mehr Patientensicherheit ist die Transparenz über Art und Umfang von Fehlern unzureichend. Gronemeyer kritisiert, dass es an einer konsequenten Strategie fehlt, um die Patientensicherheit zu verbessern, wie es international in vergleichbaren Gesundheitssystemen längst Praxis ist.

Manche Behandlungsfehler können Patienten leichter erkennen als andere

In der aktuellen Begutachtungsstatistik der MDK-Gemeinschaft betrafen zwei Drittel der Vorwürfe Behandlungen im Krankenhaus. Ein Drittel der Vorwürfe bezog sich auf Behandlungen durch einen niedergelassenen Arzt oder eine niedergelassene Ärztin. „Viele Vorwürfe beziehen sich auf chirurgische Eingriffe, weil Patienten diese oft leichter an den Folgen erkennen können als zum Beispiel Medikationsfehler“, erläutert  Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin des MDK Bayern.

Schaut man sich die Vorwürfe verteilt auf die Fachgebiete an, ergibt sich folgendes Bild: 31 Prozent (4.250 Fälle) aller Vorwürfe bezogen sich auf Orthopädie und Unfallchirurgie, 13 Prozent (1.746 Fälle) auf Innere Medizin und Allgemeinmedizin, 9 Prozent (1.203 Fälle) auf Allgemeinchirurgie, 8 Prozent (1.150 Fälle) auf Zahnmedizin, ebenfalls 8 Prozent (1.041 Fälle) auf Frauenheilkunde und 5 Prozent (663 Fälle) auf die Pflege. „Eine hohe Zahl an Vorwürfen lässt aber nicht auf eine hohe Zahl an tatsächlichen Behandlungsfehlern schließen und sagt auch nichts über das Risiko in einem Fachgebiet aus“, erklärt Zobel. Am häufigsten bestätigten die MDK-Fachärzte Fehlervorwürfe in der Pflege (49,8 Prozent), gefolgt von der Zahnmedizin (35,2 Prozent) und an dritter Stelle Frauenheilkunde (27 Prozent).

Vom Arbeitsschutz für die Patientensicherheit lernen

„Die in Deutschland verfügbaren Daten zu Behandlungsfehlern sind nicht repräsentativ für das Fehlergeschehen und erlauben daher kaum Rückschlüsse auf die Patientensicherheit“, erläutert PD Dr. Max Skorning, Leiter Patientensicherheit beim MDS. Daten von Krankenhäusern, Ärzten, Haftpflichtversicherungen und Gerichten werden nicht veröffentlicht. „Man muss von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Deshalb sollten fehlerbedingte Schadensereignisse systematisch erfasst und analysiert werden, um gezielter Fehler vermeiden zu können. Denn jeder Fehler, aus dem heute nicht gelernt wird, kann sich morgen wiederholen und erneut Schaden verursachen“, sagt Skorning.

Behandlungsfehler sollten ähnlich wie Arbeitsunfälle verpflichtend erfasst und für die Entwicklung von Schutzmaßnahmen genutzt werden. Seit Jahrzehnten werden die Arbeitsunfälle in Deutschland verpflichtend erfasst und ausgewertet. Seit 1996 hat sich die Unfallquote fast halbiert.

Hintergrund

Spezielle Gutachterteams in den MDK prüfen Vorwürfe von Behandlungsfehlern im Auftrag der Krankenkassen, die zur Unterstützung der Versicherten gesetzlich verpflichtet sind. Die Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den der Patient erlitten hat, durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadensersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des MDK-Gutachtens kann der Patient entscheiden, welche weiteren Schritte er unternimmt. Gesetzlich Versicherten entstehen durch die Begutachtung keine zusätzlichen Kosten.

Quelle: MDS, Pressestelle
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite des MDS: www.mds-ev.de