Bericht vom 2. Symposium Wachkoma in Köln 2014

Vielfalt von Begrifflichkeiten bringt Verwirrung

Das 2. Symposium „Wachkoma und andere neurologisch bedingte Bewusstseinsstörungen“ der BAG Phase F, des Deutschen Institut für Wachkoma-Forschung und der Alexianer Köln GmbH war international hochkarätig besetzt.

2. Symposium Wachkoma in Köln 2014

2. Symposium Wachkoma in Köln 2014

Der erste Teil war wissenschaftlich sehr an der Auseinandersetzung der Begrifflichkeiten orientiert: VS, UWS, Wachkoma, Apallisches Syndrom sind weit verbreitet genutzte Begriffe für insgesamt die gleiche Beschreibung von Bewusstseinszuständen. Diese werden inhaltlich doch sehr individuell beschrieben und auch interpretiert.

Was uns als Laien übrigbleibt ist die Orientierung an dem Begriff sog. Wachkoma. Dieser ist weit verbreitet, zwar immer mehr umstritten, spiegelt aber für viele Menschen die Ängste und Sorgen wider. Vor allem dann, wenn ihre Familie davon betroffen ist.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ausbauen

Der zweite Teil war inhaltlich sehr praxisorientiert. Die Darstellung der tatsächlichen Arbeitsweisen von Ärzten, Therapeuten und anderen Beteiligten standen im Vordergrund. Es ist nicht möglich, hier alle Referenten mit ihren Inhalten wiederzugeben. Trotzdem stehen einige wesentliche Erkenntnisse im Vordergrund.

Regina Lindemann, Dipl. Sprachheilpädagogin stellte den beatmeten und tracheotomierten Patienten in den Mittelpunkt, speziell die individuelle Arbeit mit diesen Patienten. Besonders die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen mit den jeweiligen fachspezifischen Aufgabenstellungen, zusammengefasst in einer Therapieeinheit, ist für den Patienten vorteilhaft. Es wäre aus unserer Sicht empfehlenswert, diese praktische Zusammenarbeit in allen neurologischen Phasen von der Frührehabilitation bis zu den Einrichtungen der Pflege (Phase F) zu praktizieren.

Eigene positive Grundhaltung beachten

Dipl. Psychologe Peter Ammann, forderte die persönliche Einstellung der Handelnden zu überdenken.

Dipl. Psychologe Peter Ammann

Dipl. Psychologe Peter Ammann

Es kommt darauf an, mit einer positiven Grundhaltung sich auf den zu Pflegenden einzulassen. In der Einlassung mit Menschen im Koma bzw. Wachkoma ist es im Besonderen die zwischenmenschlicheHerausforderung, um einen Zugang zu diesen Menschen in ihrer besonderen Lebenssituation zu bekommen. Was können wir aus diesem Beitrag lernen? Es ist wichtig, sich ganz individuell auf die Begegnung mit dem jeweiligen Menschen vorzubereiten und sich unmittelbar vor der Begegnung auf den Betroffenen einzustellen. Eine positive Ausstrahlung, eine nach vorn gerichtete Denk- und Handlungsweise, eine ruhige Atmosphäre verbunden mit der Vermittlung von Sicherheit trägt auf lange Sicht Früchte. Stellen wir uns vor, wir tragen eigene Angst, Unruhe und Unsicherheit zu dem Patienten, dann wird es kein Miteinander geben können.

Interessant war die anschließende Frage eines Teilnehmers: „Schulen Sie auch die Angehörigen zu diesen Problemstellungen?“ Ja, Sie können jederzeit an den Schulungsmaßnahmen teilnehmen. Es wäre aus unserer Sicht auch sehr interessant zu wissen, ob denn auch die „Professionellen“ sich mit diesen Themen in ausreichender Weise weiterbilden? Wir haben sehr oft den Eindruck, dass hier ein großer Nachholbedarf besteht.

Die zwischenmenschlichen Beziehungen stehen im Mittelpunkt

Dr. rer. Medic. Ansgar Herkenrath

Dr. rer. Medic. Ansgar Herkenrath

Beeindruckend waren die Ausführungen von Dr. rer. Medic. Ansgar Herkenrath. Er stellte die zwischenmenschlichen Begegnungen in den Fokus seiner Ausführungen. Zuvor ging er auch noch einmal auf die Vielzahl der Begriffe ein, die das Syndrom Wachkoma beschreiben.

So unter anderem: Apallisches Syndrom, (persistent/permanent), vegetative state, coma vigile, minimally conscious state, unresponsive wakefulness syndrome.

Er stellte fest, dass dem Ergebnis einer Untersuchung des Bewusstseinszustandes von Menschen mit erworbenen neurologischen Hirnbeeinträchtigungen große Bedeutung zukommt. Daraus lassen sich ja gerade Konsequenzen für die unmittelbaren Entscheidungen im Umgang mit diesen Menschen ableiten.

Seine Ausführungen unterstrich er mit einigen sehr beeindruckenden Filmsequenzen aus seiner eigenen Tätigkeit als Musiktherapeut im Haus Unna.

Für alle an der Versorgung und Betreuung von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen beteiligten Personen kommt es vor allem darauf an, den Menschen mit seinen Einschränkungen zu betrachten, um daraus seine eigene verantwortungsvolle Tätigkeit abzuleiten. Auch die Verantwortung und Herausforderungen für die Gesellschaft muss mehr in Betracht gezogen werden.

Unser Verband hat sich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern präsentiert. Zahlreiche Gespräche, Fragen und Diskussionen zu unserem Verband forderten Karl-Eugen Siegel, Karl-Otto Mackenbach und Lothar Ludwig.

Prof. Dr. Boris Kotchoubey im Gespräch mit Lothar Ludwig

Prof. Dr. Boris Kotchoubey im Gespräch mit Lothar Ludwig

Prof. Dr. Boris Kotschoubey, Institut für Medizinische Psychologie, Universität Tübingen, besuchte unseren Stand und stellte Lothar Ludwig folgende Frage: „Sagen Sie, warum gibt es zwischen den Verbänden für Schädel-Hirnverletzte keine Zusammenarbeit? Verbände wie in Amberg, Tübingen und Ihr Verband kommen nicht zueinander.“

Lothar Ludwig gab folgende Antwort: “Es ist leider so, dass sich die Verbände der Schädel-Hirnverletzten damit schwer tun. Diese Problematik wird seit Jahren angesprochen und kritisiert. Ja, ich bedauere eine solche Entwicklung. Bereits vor Jahren gab es mehrere Versuche unsererseits, mit dem Verband SHP in Not e.V. auf Vorstandsebene in Kontakt zu treten. Leider hat Herr Nentwig, Bundesvorsitzender dieses Verbandes, eine Zusammenarbeit mit uns abgelehnt. Das müssen wir so akzeptieren.

Aber vielleicht ist heute noch einmal die Gelegenheit unseren Standpunkt klarzustellen. Unser SelbstHilfeVerband hat generell die Zielsetzung, verbandsübergreifend mit allen anderen Verbänden zusammenzuarbeiten. Unsere Veranstaltungen, sowohl auf Bundesebene als auch auf regionaler Ebene im Bereich der Selbsthilfegruppen, sind auch so ausgerichtet und für alle Betroffenen und Angehörigen offen.

Insgesamt war es eine sehr informative und interessante Veranstaltung und wir freuen uns auf das 3. Symposium im Jahr 2016.

September 2014

 


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