Nachlese Fachtagung in Brilon: Und wie geht es weiter … ?
Am 19. Juli 2013 fand im Pflegefachzentrum Wachkoma „Haus Oase“ in Brilon eine Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Phase F statt.
In seiner Eröffnungsrede erläuterte Herbert Mauel (Geschäftsführer des bpa) das Thema „Behandlungspflege in stationären Einrichtungen“. Dabei wies er auf die unterschiedliche Verfahrensweise bei ambulanter und stationärer Versorgung hin. Die Begutachtung (durch den MDK) sollte sich nach dem Bedarf des Patienten und nicht nach der Versorgungsform richten. Die Krankenkassen müssen auch bei stationärer Versorgung einen angemessenen Betrag für die Behandlungspflegemaßnahmen bei Patienten mit besonders hohem Bedarf an medizinischer Behandlungspflege übernehmen, damit die Angehörigen dafür keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen. Auch die Einrichtungen benötigen eine stabile Finanzierung auf Dauer.
Prof. Dr. Seidel erläuterte in seinem Vortrag den neueren Begriff „Das Syndrom der reaktionslosen Wachheit“, der den Begriff des sog. Wachkomas ersetzen soll. Ein Patient in diesem Zustand hat eine schwere Bewusstseinsstörung, er ist wach aber nicht klar!
Zuvor gab Professor Seidel einen historischen Rückblick auf die Anfänge wissenschaftlicher Tätigkeit, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Begriff „Wachkoma“ steht. Von Kretschmer (1940 Apallisches Syndrom), Calvert & Coll (1959 Coma vigile), Jennett & Plum (1972 „Persistent vegetative state“).
Prof. Dr. Zieger berichtete über neuere Forschungsergebnisse und den Umgang mit sog. Wachkomapatienten. In seinem Referat ging er u.a. auf folgende Probleme ein:
- Verbreitete Vorurteile und Irrtümer
- Elementare körpersemantische Kompetenzen im Koma / Wachkoma
- Erholungs- und Remissionsstadien nach Gerstenbrand (1967 / 1990)
- Kultur des mitmenschlichen Umgangs
- Gibt es ein reaktionsloses Koma oder eine reaktionslose Wachheit?
- Anbahnung und Aufbau von JA / NEIN Codes (Zieger 2004)
- Indikation zur Palliation (Zieger 2009)
Marcello Ciarrettino ging noch einmal auf die Bedeutung der neuen Begriffe MRS und UWS ein. UWS (unresponsive wakefull state) bedeutet Wachheit ohne Kontaktaufnahme und MRS (minimally responsive state) beschreibt einen Zustand mit minimaler Kontaktaufnahme.
Der letzte Vortrag von Prof. Dr. Wolfram Windisch handelte vom „weaning“. Zuerst gab er uns einen kurzen historischen Rückblick über die Anfänge der Beatmung. Die erste Beatmung erfolgte als Negativdruckbeatmung in der „Eisernen Lunge“. Im August 1952 gab es die erste Positivdruckbeatmung bei einer Poliopatientin aus Dänemark. Das Entwöhnen von der Beatmung (weaning) sollte möglichst in einem speziellen Weaning-Zentrum erfolgen. Dieses Zentrum sollte auch die Nachsorge übernehmen. Eine Entlassung von der Intensivstation eines Krankenhauses direkt in die außerklinische (invasive) Beatmung sollte nicht erfolgen. Bei jedem Patienten sollte hinterfragt werden, ob eine invasive, außerklinische Beatmung wirklich medizinisch notwendig ist!
Am Nachmittag fanden interessante Workshops zu folgenden Themen statt.
- Lagerung und Positionierung bei (tracheotomierten) Patienten
- Atmen und Schlucken, gestörte Atem-Schluck-Koordination und Hustenunterstützung
- Atemtherapie bei tracheotomierten Patienten, Sekretbildung, Methode „Bagging“ (zur Verbesserung der Atmung und Erleichterung des Sekretabhustens)
Die Teilnehmer konnten bei allen Workshops das zuvor erläuterte Wissen in praktischen Übungen anwenden. Auch für Angehörige und nicht nur für Therapeuten und Pflegekräfte waren die Workshops sehr lehrreich und praxisnah. Bei einer weiteren Veranstaltung (z.B. Fachtagung unseres Verbandes) sollten diese Themen noch einmal angeboten werden!
Insgesamt war es eine gelungene Fachtagung!
Roswitha Stille
Juli 2013
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