Langzeitentwicklungsstudie – (LEST) ?

Frage

Was bedeutet die Langzeitentwicklungsstudie (LEST) der BAG Phase F

 


 

Antwort

In den letzten Jahren wurde in Deutschland eine nahezu flächendeckende fachpflegerische Versorgungsstruktur für Menschen mit schweren Schädel-Hirnverletzungen in der Phase F aufgebaut. Somit können Betroffene, die nach der Rehabilitationsphase B oder C weiterhin der intensiven Pflege, Therapie und Förderung bedürfen, angemessen weiter versorgt und therapiert werden.

Aus den Phase F-Facheinrichtungen wird immer öfter über positive Verläufe bei der Entwicklung dieser Personengruppe berichtet, bis hin zu einer Verlegung nach Hause und dem Wiedererlernen von Fähigkeiten, mit denen man am Ende der Krankenhaus-Rehaphase nie gerechnet hätte. Bislang gibt es jedoch keinerlei qualifizierte Studien, die eine Aussage über die weitere Entwicklung dieser zumeist schwer- und schwerstbetroffenen Menschen machen. Es gibt keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse, inwieweit die angewandten Therapien zu einer weiteren positiven Entwicklung beitragen und ob die sog. „weichen Faktoren“, wie z. B: die Teilnahme an Aktivitäten der Einrichtung, sich positiv auf die weitere Entwicklung und damit die Lebensqualität auswirkt.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Phase F e.V. ist ein Verband von derzeit 130 vollstationären Pflegeeinrichtungen, die mit bundesweit ca. 2.500 Plätzen schädel-hirnverletzte Menschen in der Phase F pflegen, therapieren und betreuen. Ziel der BAG Phase F ist u.a. die Schaffung und Sicherung von bundeseinheitlichen Rahmenrichtlinien und Qualitätsstandards für die Versorgung von Phase F-Patienten, da die Rahmenbedingungen für die Versorgung innerhalb der einzelnen Bundesländer noch sehr unterschiedlich sind.

 

Seit einigen Jahren erhebt die BAG Phase F e.V. im Rahmen ihrer Langzeitentwicklungsstudie LEST spezifische Daten. Diese Studie soll die Entwicklung der zumeist schwer betroffenen Bewohner in den Phase F-Facheinrichtungen begleiten. Nun wurde die Datenerfassungssoftware, mit deren Hilfe die Daten erhoben und ausgewertet werden, von einem professionellen Softwareentwickler neu entwickelt, um die Datenerfassung für den Anwender zu erleichtern und zu verbessern

 

Die Einrichtungen erfassen jeweils zum Quartalsende mit Hilfe dieser Software anonymisiert verschiedene Daten über ihre Bewohner. Es werden zunächst die zur Hirnschädigung führende Hauptdiagnose, pflegerelevante Daten und die Pflegestufe erhoben, die den Schweregrad und die Intensität der Pflegebedürftigkeit abbilden. Die Anzahl der verschiedenen Therapien pro Woche, erbracht durch interne oder externe Therapeuten, werden ebenso erfasst. Auch die bereits erwähnten „weichen Faktoren“, wie z.B. verschiedene Teilhabeaktivitäten, Gruppenangebote, Ausflüge, die Anzahl an Mobilisationen und auch andere, alternative Therapieformen, wie z.B. Musiktherapie, Körpertherapie, etc. werden quantitativ erfasst.

Vervollständigt werden die Daten durch die quartalsweise Bewertung der Bewohner mit Hilfe der neurologischen Skala EFA (early functional abilities / frühe funktionelle Fähigkeiten). Diese Skala, bei der 20 verschiedene Merkmale (Items) in fünf Ausprägungen (Level) erfasst werden, stellt nach Auffassung der BAG Phase F e.V. den aktuellen Zustand im Bereich des Vegetativum, im facio-oralen Bereich,  der Sensomotorik wie auch der kognitiven Fähigkeiten eines schwerstbetroffenen Phase F-Patienten gut dar und beschreibt somit den Rehabilitationsverlauf über mehrere Jahre. Bei den weniger schwer Betroffenen wird die anerkannte Skala FIM (functional independence measurement / funktionelle Unabhängigkeitsmessung) angewandt. Dadurch erhält man Parameter, die als Punktwert und damit als Verlaufskurve grafisch darstellbar sind und die Entwicklung über einen langen Zeitraum abbilden.

Jeder teilnehmenden Einrichtung stehen sofort die Durchschnittsdaten der Bewohner der eigenen Einrichtung ausgewertet zur Verfügung.

Die Einrichtung wird auch die Daten jedes einzelnen Bewohners nun selbst auswerten können, um z.B. einen Mittelwert der durchgeführten Therapieeinheiten zu erhalten.

Ein weiteres Ziel ist es, den teilnehmenden Einrichtungen ein Hilfsmittel an die Hand zu geben, mit dem sie die Entwicklung ihrer Bewohner im Vergleich zum Durchschnitt aller teilnehmenden Bewohner sehen können. Die erhobenen Daten werden anonymisiert und unter Wahrung des Datenschutzes von der BAG Phase F e.V. zentral zusammengeführt und statistisch ausgewertet. Es ist somit ein Vergleich der Durchschnittswerte der Bewohner der eigenen Einrichtung mit den bundesweit erhobenen Durchschnittsdaten möglich. Auch für MDK-Begutachtungen kann es sehr hilfreich sein, wenn man die Entwicklung der letzten Jahre über grafische Darstellungen von neurologischen Skalen belegen kann. Die Zusammenhänge von Anzahl der Therapien oder Anzahl von Teilhabeaktivitäten im Verhältnis zur Entwicklung der neurologischen Skalen können somit mittel- bis langfristig ermittelt werden.

In einem weiteren wichtigen Schritt wird noch eine Kooperation mit einer Universität oder Fachhochschule aufgebaut, die dieses auf mehrere Jahre angelegte Projekt wissenschaftlich begleitet und damit gewährleistet, dass die erfassten Daten korrekt statistisch ausgewertet werden. An einer Zusammenarbeit interessierte Institute können sich gerne an die BAG Phase F e.V. für weitere Informationen wenden (Ansprechpartner siehe unten).

Um in den nächsten Jahren genügend Daten erheben zu können, ist es weiterhin äußerst wichtig, dass sich möglichst viele weitere Mitgliedseinrichtungen an LEST beteiligen, damit die Anzahl der teilnehmenden Bewohner und damit die Datenmenge möglichst hoch ist. Nur dann können die aus der Erhebung gewonnenen Erkenntnisse dazu beitragen, die Versorgung von schädel-hirnverletzten Menschen in der Phase F weiter zu verbessern. Auch zur langfristigen Sicherung des mittlerweile entstandenen Versorgungsnetzes auf hohem Niveau in der Phase F können die Ergebnisse der Studie sicher beitragen.

Die BAG Phase F bittet daher alle Mitgliedseinrichtungen und auch alle weiteren Einrichtungen, die Menschen in der Phase F versorgen, sich an diesem Projekt zu beteiligen. Die Koordinatoren für dieses Projekt im Vorstand der BAG Phase F e.V. (siehe unten) stehen interessierten Einrichtungen jederzeit für Fragen zum Projekt und zu dessen Umsetzung zur Verfügung.

 

Koordinatoren der Langzeitentwicklungsstudie der BAG Phase F e.V.:

Für Nord- und Ostdeutschland: Veronika Nelißen, Vorsitzende der BAG Phase F e.V. 
e-mail: info@bag-phase-f.de

Für West- und Süddeutschland: Ralf Schmutz-Macholz, Vorstandsmitglied der BAG Phase F e.V., e-mail:macholz@pflegeteam-odenwald.de