Seminar zum „Persönlichen Budget“ beim Verband

Der  SHV  – FORUM GEHIRN e.V. veranstaltete in Theisewitz  im April ein Seminar zum Thema Entwicklung und Angebot von Tagesstrukturen für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen (MeH) unter Einbeziehung des „Persönlichen Budget’s“.

In Fortsetzung zu dem Seminar in Bad Kreuznach letzten September trafen sich pflegende oder betreuende Angehörige sowie Teilnehmer aus verschiedenen Institutionen zu dieser informativen Fachtagung.  Die „Helene-Maier-Stiftung“ , verantwortlich Herr Schulze unterstützte unseren Verband bei der Durchführung des Seminars.

Fr. Beiersdorf  erläuterte   die Hilfeplanung nach ICF * und das Persönliche Budget im Arbeitgebermodell.   Prof. Dr. Marcus Pohl,  aus der Reha in Kreischa,  betonte in seinem Vortrag sehr eindringlich die Notwendigkeit der besseren Ausbildung im Bereich langfristiger NeuroRehabilitation . Mediziner, Therapeuten und Psychologen seien unzureichend mit der Problematik langfristig von einer erworbenen Hirnschädigung betroffener Menschen vertraut. Er wies darauf hin, dass es einen neuen Studiengang „Neuro-Rehabilitaion“ in Gera gibt, was  zumindest ein Anfang zur Behebung der Unterversorgung ist. In der langfristigen Versorgung von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen (MeH) gibt es nach wie vor zu wenig Angebote für eine sinnvolle Tagesstruktur, Förderung der Ressourcen und den Erhalt des Rehabilitationserfolges. Die z. B. in der „Helene-Maier-Stiftung“ angebotene betreute Arbeit stellt eine Beispiel gebende Möglichkeit  in diesem Sinne dar. 

Dr. Harry Fuchs referierte als Sozialrechtsexperte  über die gemeinsame Verantwortung aller Rehabilitationsträger für die Organisation/Sicherstellung der regional erforderlichen Rehabilitationsdienste für MeH. Gebannt folgten die Teilnehmer den Ausführungen über die Sozialgesetze und ihre Anwendungsmöglichkeiten. Dr. Fuchs endete mit den Worten, „Dass das Recht zur Umsetzung des Hilfebedarfs vorhanden ist, dass aber jeder einzelne dieses notfalls einklagen müsse. Bei allem nun neu aufgekommenen Frust ist es jedoch gut zu wissen, dass das Recht auf Teilhabe, welches in der BRK verankert ist, den Weg für unsere Betroffenen frei macht.“

Dr. Klaus Wiedmann erläuterte anhand einiger Praxisbeispiele die Notwendigkeit und die möglichen Erfolge einer geeigneten Tagesstruktur/Tagesförderung in einer entsprechenden Einrichtung und unterstrich die Erfordernis des Einsatzes von ambulanten Neuropsychologen, die sich auch in besonderem Maße um die zwangsläufig betroffenen Angehörigen, sowie Betroffenen, die nicht in Einrichtungen integrierbar sind, kümmern sollten.  Auch die schon lange bestehende Forderung nach Aufnahme der ambulanten  Neuropsychologie in den Heilmittelkatalog konnte wieder einmal unterstrichen werden.

In der Folge stellten sich zwei  Tagesförder-Einrichtungen vor. Frau Maria Dotzler berichtete vom Aufbau eines Nachsorgezentrums in Regensburg,  Haus „Zweites Leben“.

Mit viel persönlichem Engagement und liebevoller Energie konnte durch Gründung eines Vereins die entdeckte Versorgungslücke unserer Betroffenen nach erfolgter medizinischer Rehabilitation geschlossen werden. Die Einrichtung bietet direkt im Anschluss an den Klinikaufenthalt die Möglichkeit des Aufbaus einer Tagesstruktur und der Wiedereingliederung zurück in den zweiten oder sogar ersten Arbeitsmarkt. Die Einrichtung selbst bietet durch den Betrieb eines Cafés  MeH einige Arbeitsplätze an. Die wundersame Wirkung einer zutrauenden Anforderung konnte am Beispiel von Frau Adamski, auch Teilnehmerin des Seminars und Begleitung von Frau Dotzler, anschaulich dargestellt werden. Sie hatte durch einen Schlaganfall das Zahlenverständnis und das Rechnen und Schreiben verlernt. Trotzdem wurde sie zur Kassenwartin des neuen Vereins gewählt und aufgrund dieser Anforderung setzte sie alles daran die Aufgabe bewältigen zu können. Der Verein ist durch Fr. Adamskis Einsatz sehr erfolgreich für seine Ziele tätig.

Zum Abschluss stellte Frau Steffi Flux von der FAW (Fortbildungsakademie der Wirtschaft), in vielen deutschen Bundesländern vertreten, das  TagesTrainings Zentrumin (TTZ) Oschatz vor. Hier werden Betroffene zum Wiedererlernen ihrer Fähigkeiten aufgenommen und auf ihrem Weg zurück in das möglichst eigenständige Leben begleitet. Anhand von  Beispielen wurde deutlich dargestellt, welche krankheitsbedingten Probleme sich diesen Zielen häufig in den Weg stellen. Diese feinfühlig zu erkennen und zu therapieren ist die herausfordernde Arbeit  der engagierten Therapeuten. Zur ganzheitlichen Therapie wird auch ein Hund (Bendix)  eingesetzt. Dieser wertvolle Ansatz konnte in einem Filmbericht dargestellt werden.

Der letzten Tag diente dem Besuch der gastgebenden „Helene-Maier-Stiftung“ in Theisewitz.

Es handelt sich um ein Landgut, auf welchem Obstanbau betrieben wird. Hierzu gehören diverse Gewerke, wie Werkstätten für Metall und Holz, der Ernteeinsatz und die Weiterverarbeitung der erzeugten Produkte, sowie ihre Vermarktung. In allen Bereichen werden die Teilnehmer nach einer Belastungserprobung interessenorientiert eingesetzt und ihre Fähigkeiten gefördert. Auch hier ist das Ziel die Wiedereingliederung in d en Arbeitsmarkt.

Dass auch sehr schwierige Fälle erfolgreich therapiert werden können gibt immer wieder Zuversicht und zeigt die große Notwendigkeit solcher Maßnahmen und Einrichtungen.

Vor der Besichtigung des Gutes stellte sich der GHD Gesundheitsdienst Deutschland v or.  Eine interessante Information über einen Materialversorger, der alles bietet was zur Intensiv-Pflege notwendig ist und insbesondere umfangreiche Homecare-Beratung anbietet. Es gibt deutschlandweit Niederlassungen.

Bei schönem Wetter fand abschließend noch ein reges Resümee statt. Das Seminar war rundum informativ und organisatorisch sehr gelungen. Eine hervorragende Grundlage für die Budget-Berater und Gedanken anregend für die Teilnehmer von Sozialberatungsstellen und Kostenträgern.
Deutlich zeigte sich wieder ein Mal die Notwendigkeit die geltenden Rechte auf Teilhabe und Rehabilitation bundesweit bekannter zu machen und einzufordern. Ein flächendeckendes Netzwerk von erfahrenen  Beratungsstellen ist weiter auszubauen. Für Fragen zum Persönlichen Budget steht Fr. Jutta Beiersdorf, Fachbereich PB im Verband und Fr. Ingrid Zoeger zur Verfügung (siehe unter www.shv-forum-gehirn.de  ,Beratungen).

Kerstin Arndt
Vorstandsmitglied
Bereich Mitgliederbetreuung

 

April 2011
http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icf/index.htm :
Die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dient als länder- und fachübergreifende einheitliche Sprache zur Beschreibung des funktionalen Gesundheitszustandes, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung und der relevanten Umgebungsfaktoren einer Person.
Die Anwendung der ICF in Deutschland ist geregelt in der Richtlinie über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 16. März 2004.

 

 

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