Selbsthilfe, Malerei und Musik
Alle Teilnehmer unseres Ausfluges waren voller Begeisterung als sie in Voigtholz-Ahlemissen die Werke des Kunstmalers Hans Nowak (1922 – 1996) in Augenschein nehmen konnten. Nowak hatte im Jahre 1979 neben seinem Atelier eine Kapelle errichtet. Dort finden Gottesdienste, Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen statt. Eine kleine Kapelle mit einer innigen Ausstrahlung. Der Raum zieht jeden in seinen Bann. Kunstwerke zum Anschauen und zum Nachdenken. Die Verinnerlichung von Gedanken und Emotionen nehmen auch die Teilnehmer unserer Selbsthilfegruppe gefangen. Hans Nowak gestattet uns Einblicke in sein künstlerisches Schaffen und in seine Welt des Ateliers. So durften wir sein nachempfundenes „Cenacolo“ von Leonardo da Vinci bestaunen. Dieses weltberühmte Abendmahl aus der Santa Maria delle Grazie in Mailand ist eines seiner Werke. Sein Atelier ließ uns ahnen, wie er sein Leben zwischen seinen Ideen, seiner Kraft und seinen Werken lebte. Hans Nowak war ein Gewinn für Voigtholz und damit für Edemissen. Für den Andachtsraum der evangelischen Kirche im Zentralort entwarf er Leuchter, Wandkreuz und Wandbild, für die Kirche in Edemissen malte er 1987 eine „Bergpredigt“ und in zahlreichen Privathäusern hängen seine Bilder, diese Kunstwerke mit ihren rauschenden Farben. Ein für uns alle eindrucksvolles Erlebnis, so kann man es in Edemissen hören.
Ein namenloser Spruch war am Eingang angeschlagen:
ohne Ansichtskarte
ohne Ausweis
ohne Empfehlungsschreiben
ein wenig umhergehen
ohne Begründungen
ohne Pflichtgefühl
ohne Zwangein wenig verweilen
ohne Taufschein
ohne Katechismus
ohne Eheringein wenig zuhören
ohne Verdienst
ohne Bekenntnis
ohne Vorleistungein wenig aufatmen
Der Tag war mit einem anderen Höhepunkt gespickt. Wir besuchten die Kirche in Edemissen und betrachteten hier ein anderes (Kunst-)Werk. In der Kirche waren die Gedanken hin- und hergerissen. Die Gestaltung der Kirchendecke zog jeden Einzelnen in den Bann. Jeder fand aber für sich selber seine (oder auch nicht) eigene Meinung. Auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Die moderne Ausgestaltung fand eben nicht bei jedem Zustimmung. Eine moderne Version, die Mut erforderte.
Hat sich die Ausgestaltung unseres Tages gelohnt? Ja, so die einhellige Meinung. Es bewies uns wieder einmal mehr, dass es neben der uns allen ereilten Schicksalsschläge, neben dem Alltäglichen auch Stunden der Entspannung und Freude geben kann. Familie Schirmer hatte uns alle zum Kaffee und Kuchen eingeladen. Dabei wurden Gedanken untereinander ausgetauscht. Zuzuhören, sich Mut zuzusprechen waren Inhalte der Gespräche. Thomas, ein junger Betroffener wurde von Yasemin in seinen Gedanken unterstützt nicht aufzugeben. Ich fand das persönlich sehr bemerkenswert! So soll es sein! Hilfe geben durch eigene Erfahrungen die so wichtig sind. Dieser Wortwechsel setzte bei Thomas Gedanken frei, die möglicherweise bis dahin verborgen waren. Ich bin der festen Überzeugung es hat ihm sehr geholfen. Ein guter Anfang mit anderen persönlich Betroffenen ins Gespräch zu kommen.
Friederike, selbst betroffen, umrahmte das Treffen mit einigen musikalischen Kostproben. Wir können nur hoffen, dass andere Betroffene erkennen, dass das Leben eben nicht zu Ende ist, sondern dass es auch immer wieder gelingen kann, dem Leben etwas abzufordern. Aber und das soll unsere Botschaft sein, es muss ein Jeder dafür etwas tun. Zeigt also Mut, bringt die Energie und Kraft auf. Alle anderen Menschen können nur hilfreich zur Seite stehen. Ein Tag der uns in Erinnerung bleiben wird.
im September 2010